Liebe, die eigentlich unmöglich istWie man mit einem Asperger als Familienvater zu Recht kommt Ein bisschen ist schon in die Öffentlichkeit durchgesickert, wer Menschen mit dem Asperger-Syndrom sind. "Autismus" ist auch schon nicht mehr weit davon. Es ist ja auch schon ein Fortschritt, wenn mehr Menschen sich nicht mehr überraschen lassen, sondern vielmehr die Geduld aufbringen, wenn sie einem so anders reagierenden Menschen begegnen. Inklusion praktisch. Aber Verlag und Öffentlichkeit müssen es schon als ein Geschenk des Himmels betrachten, wenn die betroffene Ehefrau eines Aspergers in aller Ausführlichkeit schildert, wie es sich damit lebt. Denn einzelne Beratungsstunden, wie sie vielleicht bei Fachärzten oder Psychologen vorkommen, sind ganz recht. Aber die Schwierigkeiten verbreiten sich ja gerade im Alltagsleben, und so kommt also hier erstmals eine ausführliche Schilderung, die Lehrern, Psychologen oder Ärzten wirklich klar macht, wie es sich damit lebt. "Wie lange braucht ihr alle im Bad?" "Sieben Minuten", sagt der Asperger-Betroffene. Alles lacht über die genaue Angabe, und dann noch einmal mehr, als er tatsächlich nach sieben Minuten aus dem Bad kommt. Oder er wundert sich, was der DLRG ("Wasserrettung") mit dem geretteten Wasser mache. Das sind begreifliche Anekdoten. Aber wenn der eine Partner Hunger nach Umarmungen hat, der andere das aber nicht spürt, oder wenn er es gesagt bekommt, unter Stress gerät – da wird es haarig. Die Stärke dieses Buches ist, dass es sich der Frage stellt: Mit welchem Recht erwarten wir vom Asperger, dass er/sie "normal" wird und Gefühlssprache lernt (wenn auch wie Vokabeln), und ob nicht die "normalen" Leute anmaßend sind, weil sie dem Asperger zumuten, was er als außerordentlich erlebt? Ebenfalls wertvoll sind die näheren Ausführungen dazu, welche Ernährungsaspekte sich bei den ebenfalls betroffenen Kindern deutlich bewährt haben. Da die Familie sieben Kinder bekommt, sind die Vergleiche, die die Mutter während deren Heranwachsens anstellen kann, äußerst wegweisend. Besonders ist die fleißige Auflistung der Kurzdialoge mit der Tochter zu loben, die zum Asperger auch noch ein ADHS entwickelte, und die einen bestechenden Einblick in die Innenwelt eines so geplagten jungen Menschen geben. Und auf diese Weise leistet das Buch, was die Eltern selbst erst nach Jahrzehnten erfuhren: Information und Hilfe. Die meisten der erlebten Praxen gaben leider nur ein schauerliches Beispiel ab. Corinna Fischer, Bob Fischer: Ich liebe einen Asperger. Unsere Ehe, unsere Kinder und das Asperger-Syndrom. Stuttgart 2014 (Trias). |