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"Let us sing, when the Spirit says: Sing!"

Auf starkem Stamm und mit denselben tiefgründigen Wurzeln wie damals: MBK e.V. feiert hundertjähriges Bestehen in Lennestadt.



Hamburg (ams). Rund 160 junge und alte Teilnehmende aus ganz Deutschland trafen sich am Wo-chenende in einer Jugendbildungsstätte im sauerländischen Lennestadt, um das einhundertjährige Bestehen des "Bundes der deutschen Mädchenbibelkreise" – so der Name bei Gründung 1919 in Leipzig – zu würdigen. Der MBK e.V. ist ein freies Werk in der Evangelischen Kirche und löst seinen historischen Namen heute in die Devise auf "Menschen begegnen – Bibel entdecken – Kirche ge-stalten".

Noch in der Barmer Theologischen Erklärung der Bekennenden Kirche von 1934 hieß es, die christli-che Kirche sei die Gemeinde von Brüdern, in der Jesus Christus handele. "Da musste ein MBK her, der dieser Männerlastigkeit einen Kontrapunkt entgegensetzte", sagte in seiner Predigt Dr. Klaus Hillringhaus, Bielefeld. Der Theologe war früher Dozent am Seminar für Gemeindedienst des MBK, in dem in Bad Salzuflen junge Frauen und zuletzt auch junge Männer zur Arbeit in der Evangeli-schen Kirche ausgebildet wurden.

Let us sing

"Über all dem Nachdenken darf aber auch staunen nicht fehlen; das Staunen darüber, was Gott im und mit dem MBK in den letzten 100 Jahren bewegt hat, sagte Martin Herbst, Vorsitzender der MBK-Arbeit und früherer Mitarbeiter für Jugendarbeit, in seinem Grußwort. Viel Zeit nahmen sich die Teilnehmenden, die lange Geschichte des MBK zu betrachten. Helga Westermann, Seminaristin des MBK und langjährige Leiterin der Jugendarbeit des MBK in Schleswig-Holstein und Hamburg, hatte die 100 Jahre in Epochen aufgeteilt, ließ Vertreterinnen der Epochen oder Expertinnen, die sich mit der Geschichte befasst hatten, vortragen oder in Interviews zu Wort kommen. Zum tapfe-ren und geschickten Kampf des MBK in der braunen Zeit Deutschlands hörte die Festversammlung mit sichtlicher Bewegtheit ein Interview Gisela Biermanns aus Düsseldorf, das der WDR noch kurz vor ihrem Tode gemacht und ausgesendet hatte. Frau Biermann war ebenfalls Missionarin des MBK gewesen und leitete während ihres Ruhestandes Reisen zu den Christen in Russland, Weißrussland und der DDR und unterließ es auch nicht, Bibeln in die Länder zu schmuggeln. Nach der Betrachtung jeder Epoche sang die Festgemeinde ein Lied, das in jenen Zeiten besonders beliebt gewesen war.

Aus dem Kreise der Missionarinnen waren Ursula von Lingen-Senda (Indien, Japan), Tübingen, und Ruth Hetkamp (Japan), Duisburg, vertreten. In Japan entwickelten die MBK-Missionarinnen unter anderem die Telefonseelsorge und eine Mitternachtsmission unter Prostituierten. Diese Pionier-leistungen werden heute von einheimischen japanischen Kirchen fortgeführt. Sie tragen dadurch dazu bei, dass die japanischen Christen – wiewohl eine winzige Minderheit – zugleich gut angese-hen sind und nicht aus ihren Familien ausgeschlossen werden, wie es anderswo auf der Welt ge-schieht.

Let us sing

Die vielen Teilnehmenden aus der Jugendarbeit hatten die praktische Gestaltung der gesamten Freizeit und des Rahmens des eigentlichen Jubiläums-Sonntages übernommen. Von Küche über Tischdecken und –abräumen, Ansagen, Möblierung der Räume bis hin zur Kinderbetreuung und schließlich zum Reinemachen und Aufräumen ließen sie alles reibungslos klappen. Sie stellten da-mit unter Beweis, wie umsichtig, belastbar, zuverlässig und eigenständig sie handeln können, wenn man es ihnen zutraut. Es war, als hätten sie dem vielgesungenen Spiritual die Strophe hinzufügen wollen "Let us work when the Spirit says: Work!" Zusätzlich hatten die jungen Leute zuvor auch noch fleißig gestrickt und gebastelt, um durch einen Basar Geld für ihre Konfirmanden-Lager und Jugendfreizeiten zu bekommen.

"Oder müssen wir auch mit Gott um die Zukunft ringen, so wie Jakob am Jabbok mit ihm gerungen hat", fragte Martin Herbst in seiner Begrüßung. In einem abendlichen Arbeitskreis "Zukunft" berie-ten junge und alte MBK-lerinnen und MBK-ler daher, welcher neuen Herausforderung der MBK insgesamt gegenüberstehe. Könnte es sein, dass seine historische Emanzipationserfahrung sich jetzt an Migrantinnen richten sollte? Was hat ein "Guter Hirte" aus dem Orient heute jungen Men-schen zu sagen, die damit aufwachsen, dass sie auf ihren Mobiltelefonen Schlachten toben lassen können, oder die es gewohnt sind, in ihrem Zimmer einer Alexa Fragen zu stellen? Erste Feststel-lungen und Empfehlungen des Arbeitskreises sollen im Herbst der Mitgliederversammlung in Bad Salzuflen zur weiteren Beratung vorgelegt werden. Auch soll geprüft werden, welche Art von An-geboten aus Mitteln der Europäischen Union gefördert werden könnte, nachdem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) innerhalb kurzer Zeit ihre Zuschüsse an den MBK auf Null herunterfuhr. Die jungen Teilnehmenden machten deutlich, dass sie sich für ihre Arbeit wieder eine ständige Herberge wünschten, so wie sie während 30 Jahren in Form des "Berghofs" bei Schötmar im Lipper-land bestanden hatte, bis der Eigentümer den Pachtvertrag zum tiefen Bedauern aller nicht mehr verlängerte. Bei der Aussprache regte jemand an, vielleicht habe die Deutsche Stiftung Denkmal-schutz Gebäude, die dem MBK zur Jugendarbeit gerne überlassen würden.

Bei der Mitgliederversammlung als der großen Vollversammlung des MBK mit allen seinen Arbeits-kreisen werden auch diejenigen Mitglieder des Werkes – namentlich Pfarrerinnen und Pfarrer - teilnehmen können, die am Sonntag beruflich verhindert waren. In ganz Deutschland stecken noch viele Freundinnen und Freunde des Werkes, die treu hinter dem MBK stehen und aus anderen beruflichen Gründen, aufgrund der Pflege von Angehörigen oder aus Altersgründen nicht kommen konnten aber Grußworte schrieben. So etwa wurden zwei ehemalige Direktoren noch in letzter Minute durch Krankheit an der Teilnahme gehindert.

Hamburg, im Juni 2019

A. Martin Steffe



 
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