Neue Erkenntnisse in der Medizin
Depression ist eine tödliche Erkrankung
Schlafstörungen und depressive Erkrankungen sind die häufigsten psychischen Syndrome unter allen, die sich beim Arzt vorstellen
Baden-Baden (ams). Depressionspatienten leiden zu 80 bis 90 Prozent an Ein- und Durchschlafstörungen. Häufig sind Schlafstörungen das erste Zeichen der Gemütskrankheit. Das aber wird weltweit nur in 30 Prozent der Fälle, und in Deutschland auch nur an bis zu 70 Prozent der Depressiven erkannt. Zwar halten 15 Prozent der Gesamtbevölkerung bei Depression den Einsatz von Medikamenten für sinnvoll. Tatsächlich aber wird die Medikamenteneinnahme als belastend erlebt. Die Behandlung muß sich aber dringend bessern; denn Depressionspatienten verüben 20 Mal häufiger Selbstmord als Gesunde.
Überdurchschnittlich häufig auch Herzinfarkt
Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Depressive ist aber auch ohne den häufigen Selbstmord schon deutlich verringert. Die Depression fördert die Ausprägung des schlechten Stoffwechselzustandes (zu viel Fett, zu viel Blutzucker, Bluthochdruck u.a.). Depressive erleiden häufiger als Nichtdepressive Herz-Kreislauf-Beschwerden. Der ursächliche Zusammenhang ist dafür noch nicht bekannt. Ferner erleiden Depressive aufgrund ihrer Schlafstörungen häufiger Unfälle im Auto, am Arbeitsplatz oder auch zu Hause. Eine Untersuchung der US-Marine ergab, daß Leute mit depressiven Neigungen auch weniger befördert werden als positiv gestimmte Menschen. Ob Schlafstörungen die Depression auslösen oder die Depression die Schlafstörung ist für die Behandlung selbst unerheblich. Wichtig ist die rasche Intervention durch den Arzt, weil die Schlafstörungen der Depressiven sie auch vermehrt zum Mißbrauch von Alkohol oder anderen Drogen treibt.
Laut Diagnose-Kriterien der WHO: Deutsche Behandlungsquote nur bei 50 Prozent
Laut der neuesten deutschen Statistik hatte mindestens jeder 10. im Laufe eines Jahres ein Erlebnis depressiver Natur. Rund 52 Prozent der Betroffenen wählen zuerst den Weg zum Hausarzt. Etwa 41 Prozent erhalten Medikamente, 53 Prozent wählen Psychotherapie. Doch immer noch 22 Prozent der wirklich Betroffenen erhalten keine Therapie, auch wenn sie noch einen Facharzt zu Rate zogen. Ein Hausarzt sieht durchschnittlich 61 Patienten am Tage. Davon hatten laut einer Statistik vom 4. April 2001 etwa 13 Prozent psychische Probleme, 10 Prozent Schlafstörungen und 10,9 Prozent Depressionen. Daraus geht deutlich hervor, daß es beim Bemühen um Therapie der Schlafstörungen und Depressionen wirklich nicht um ein Randphänomen geht.
Bei 34,7 Prozent der Betroffenen glaubt der Arzt, es könnte sich um eine Depression handeln. Von den 10,9 Prozent der Patienten insgesamt, die depressiv sind, erkennt der Arzt 6 Prozent, 2,8 Prozent überhaupt nicht, und 2 Prozent ordnet er anderen psychischen Beschwerdebildern zu. Erschwerend kommt bei der Diagnostik hinzu, dass die Depressionen sich hinter Masken des Lächelns verbergen, hinter Perfektionismus, Hyperaktivismus und solchen Erscheinungsweisen der Menschen, die man manchmal unter dem Begriff "Sissy-Syndrom" zusammenfaßt.
Wandel in der Verschreibungspraxis
Unter den vom Arzt gewählten Mittel gegen Depression stellen die trizyklischen Antidepressiva (TZA) und die Serotoninaufnahmehemmer (SSRI) die größten Gruppen dar. Fachleute empfehlen auch, dass niedergelassene Ärzte sich auf etwa drei Antidepressiva konzentrieren, um anhand dieser klare Erfahrungen machen zu können. Trimipramin ist in diesem Sinne besonders zu empfehlen, weil es neben der antidepressiven eine ausgesprochen schlaffördernde Wirkung besitzt und damit zweierlei Therapiebedürfnisse befriedigt, ohne aber die normale Folge der Schlafphasen zu stören. Der Verbrauch der früher verbreiteten Tranquilizer ging inzwischen erheblich zurück. Der Verbrauch der Antidepressiva stieg auf das Doppelte an. Die Zahlen sprechen dennoch dafür, daß die Patienten ungeachtet dieses Mehrverbrauchs immer noch unterbehandelt sind.
Gedächtnis wird meßbar besser
Überkompensierender Aktionismus eines Menschen ist eines der Leitsymptome einer Depression. Das burn-out-Syndrom kann ebenfalls auf eine Depression hinweisen. Weitere wichtige Indizien sind ein Übermaß an Schlaf, Heißhunger besonders auf Süßes. Das "Frustfressen" geht eher mit der reaktiven Depression einher, während bei endogenen Depressionen eher Appetitverlust vorkommt. Während das Medikament Trimipramin schon seit über 40 Jahren in Gebrauch ist, so liegt aber erst seit jüngster Zeit eine erste Studie darüber vor, wie es sich im direkten Vergleich zu einem herkömmlichen Schlafmittel verhält. Tatsächlich schneidet das Antidepressivum deutlich besser ab als ein klassisches Benzodiazepin. Die depressive Verstimmung wird erheblich gebessert. Die Gruppe, die Trimipramin erhielt, fühlte sich am Morgen erheblich frischer als die des herkömmlichen Schlafmittels. Diese Erfolge auch bei reinen Schlafstörungen erklären den augenblicklichen Verschreibungstrend weg von den Benzodiazepinen.
Heilsame Wirkung auf zu hohen Kortisolspiegel
Der Wirkmechanismus von Trimipramin ist immer noch nicht ganz geklärt. Sicher ist, daß es den nächtlichen Verlauf des Hormons Kortisols beeinflußt. Dieses Hormon scheint bei Depressiven in erhöhtem Maße ausgeschüttet zu werden, und Trimipramin normalisiert diesen Kortisolspiegel. Ähnliche Medikamente wie beispielsweise Imipramin weisen diesen Effekt nicht auf. Sobald der Tiefschlaf und der Schlaf der REM-Phase sich wieder normalisiert haben, bessern sich auch die Gedächtnisleistungen der Patienten. Möglicherweise ist es auch dieser erhöhte Kortisolspiegel, der für die Stoffwechselverschlechterung der Depressiven verantwortlich ist. Vorteilhaft ist Trimipramin auch dadurch, daß es seltener als die SSRI-Medikamente Sexualstörungen mit sich bringt.
Vision und Realität: Therapiemanagement der Depression. Fachpresseveranstaltung im Rahmen des MED-Kongresses Baden-Baden, 7.7.2001 (Aventis GmbH)
Was Diabetiker gerne spritzen
Neues 24-Stunden-Insulin revolutioniert die Diabetes-Behandlung
Baden-Baden (ams). Mit dem neuentwickelten 24 Stunden wirksamen Insulin glargin (Lantus ® ) ist die gesamte Behandlung der Zuckerkrankheit vereinfacht und die Wirkung der Therapie gesichert worden. Das berichteten Forscher und niedergelassene Ärzte auf einem Pressefrühstück der Firma Aventis in Baden-Baden. Zusätzlich hat der neuentwickelte Spritzapparat in Form eines Fertigpens die Vergabe des nötigen Insulins so vereinfacht und gesichert, daß auch ältere Leute sich die vom Arzt ermittelte Dosis problemlos selbst geben können.
Bisher stellte die Insulinspritze das am meisten gescheute Krankheitszeichen für die Patienten dar. Lieber wollten sie, so lange es ging, mit Diät und Tabletten auskommen. "Das neue Insulin im Fertigpen aber hat auch erfahrene Diabetiker unter meinen Patienten so überzeugt, daß sie nach der vereinbarten Versuchszeit nicht mehr zur alten Therapieform zurückkehren möchten!" Das berichtete Axel Müllhofer. Der niedergelassene Arzt betreibt eine Praxis mit Schwerpunkt Diabetes im schwäbischen Biberach. "In meinen Gruppenberatungen reden die Diabetiker, die die Fertigspritze anwenden, den anderen Betroffenen mehr zu, auf das neue Verfahren umzusteigen, als ich es tue", sagte Müllhofer. Ich mache Patienten mit längerbestehendem Diabetes nur auf die Einmalspritze aufmerksam. Aber bei neuen Fällen gibt es für mich nichts anderes. Diesen Fortschritt darf man einem Patienten bei seiner schweren Stoffwechselkrankheit nicht vorenthalten!" In Müllhofers Praxis sind derzeit etwa 40 Prozent der Diabetiker auf die Spritze umgestellt.
Jeder 15. Diabetiker muß mit Amputation rechnen
Eine Spritze abends etwa 22 Uhr statt vieler Tabletten und Diätkost tagsüber macht mit ihrer Vereinfachung jedoch nicht den ganzen Vorteil aus. Bei Bedarfsspritzen können andere, kurz wirksame Insuline problems hinzugespritzt werden. Das vierundzwanzig Stunden wirksame Insulin verringert die Gefahr von Unterzuckerungen erheblich. Vor allem nächtliche Unterzuckerungen treten nur noch etwa halb so häufig auf. Dadurch, daß die Patienten sich getreulicher an die Medikation halten, werden überhaupt die schädlichen Schwankungen des Blutzuckerspiegels verhindert, die Gewichtszunahme fällt geringer als bei anderen Insulinen aus, der entscheidende Meßwert HbA1 bleibt stabiler im niedrigen Bereich, und dank der besseren Steuerung werden die verheerenden Spätfolgen des Diabetes wie Amputationen am Fuß vermieden. Alle 120 Minuten erblindet ein Diabetiker, alle 48 Minuten wird ein Diabetiker dialysepflichtig, alle vier Minuten erleidet ein Diabetiker einen Schlaganfall.
Herzinfarkt, Schlaganfall, arterielle Verschlußkrankheit: 4 mal höheres Risiko bei Diabetikern
Die Amputation eines Zehs mag zwar an sich kein großes Leiden darstellen. Aber der Verlust eines Zehs verändert die Gangsicherheit erheblich, und da Diabetes meistens ältere Menschen betrifft, so zieht eine Amputation leicht weitere Einschänkungen der Beweglichkeit und damit der Gesundheit nach sich. Daß die jährlich 28.000 Amputation in der Bundesrepublik Deutschland Kosten in Höhe von mehreren Milliarden Mark verursachen, kann daher nicht mehr überraschen. Über 20 Prozent der Siebzigjährigen sind heute zuckerkrank. Die Spezialisten unter den Ärzten raten aufgrund der vielen Vorteile heute dazu, so früh möglich mit Insulinspritzen zu beginnen, während man - dem Wunsch des Patienten folgend - es früher so weit wie möglich hinausschob.
Durchschlafen und erholter aufwachen
Erste Anzeichen für einen schlecht eingestellten Diabetes kann das Gefühl sein, sich den ganzen Tag schlapp, müde oder unlustig zu fühlen. Da Diabetiker aber überwiegend ältere Menschen sind, erklären sie sich diesen Zustand als normale Alterszeichen. Dabei läßt auch ihre geistige Fähigkeit unter schlecht eingestelltem Zucker bedrohlich nach. Wenn sie sich dann einmal für die Therapie mit dem neuen 24-Stunden-Insulin entschieden haben, geht es ihnen plötzlich deutlich besser, und sie merken, was sie vorher versäumt haben. Dieses Gefühl neuer Vitalität und Lebensfreude, das viele Diabetiker beschreiben, als hätten sie eine Frischzellenkur hinter sich, vermittelt heute ihre stärkste Bindung an das neue Präparat. "Die Angst vor dem Spritzen ist unbegründet", sagen sie anderen Leidensgenossen.
Mit der Spritze kehrt die Normalität zurück
Die neue Therapie als "revolutionär" zu bezeichnen ist keineswegs bloß eine überschwengliche Ausdrucksweise. Wie die britische UKPD-Studie nachwies, zeigte der Diabetes bei Patienten unabhängig von ihrer Therapie bisher stets einen fortschreitenden Verlauf. Die Nüchternblutzuckerwerte stiegen stets weiter, und die Patienten nahmen an Gewicht stets weiter zu. Echte Therapieerfolge blieben aus. Schon jetzt zeigt der Einsatz des neuen 24-Stunden-Insulins so gute Ergebnisse, daß Eberhard Standl, Professor am Akademischen Lehrkrankenhaus München-Schwabing resümiert: "Mit dieser Insulintherapie hätte vermutlich auch die UKPD-Studie ganz andere Ergebnisse als diese fatalistische Aussage eingebracht." Auch Hausärzte bekommen infolge des neuen Insulins bereits zu spüren, daß ihre Patienten sie weniger mit Störungen, Überraschungen oder Komplikationen in Anspruch nehmen müssen sondern so wie eigentlich sinnvoll als Begleiter und Berater.
Auch Dosierung leichter gemacht
Mit dem Insulin glargin per Vorratsspritze erreicht der Zuckerkranke beinahe das Insulinprofil und den Blutzuckerspiegel des Gesunden. Vor dem ersten Einsatz wird die erforderliche Tagesinsulinmenge eingestellt. Danach haben alle weiteren Anwendungen dieselbe Dosis.Über diese Basis hinaus können die Diabetiker mit kurz wirksamen Insulinen akuten Mehrbedarf wie beispielsweise nach Mahlzeiten abdecken. Die gute Insulinabdeckung erlaubt es dem Diabetiker, sich vollkommen normal wie ein Gesunder ernähren zu können. Betroffene müssen jetzt umlernen: In Zukunft bedeutet die Insulinspritze nicht das volle Gewicht der Erkrankung sondern stellt einen sanften Einstieg in die Therapie dar.
A.Martin Steffe |