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Lebenslang gut essen!

Edeltraut Hund-Wissner, Günther Wolfram: Köstlich essen bei Gicht. Stuttgart,
2006 (Trias). ISBN 3-83040-3336-0. 158 S., Abb., Skizzen, Tabellen

Wer eine Gichtdiät anstrebt, weiß, dass es um eine lebenslang beizubehaltende Koständerung geht. Dementsprechend stark muss die Motivation zur hier geeigneten Kostform sein. Pädagogisch ist einerseits schwieriger, dass Gicht nicht sofort weh tut, während Allergiker durch Sofortreaktionen zur genauen Einhaltung gezwungen werden. Andererseits ist leichter, dass der Hauptübeltäter, die Purine, an wenigen Hauptlieferanten fest zu machen ist, im Gegensatz etwa zu Cholesterin und Fetten, die sich überall verstecken und mitunter als Leckerei getarnt daher kommen. Fleisch, Innereien, Hülsenfrüchte - das ist schnell gesagt und vom modernen Kostplan zu streichen. Anders sieht es da mit Haut aus: Nicht nur in den Oktoberfestzelten werden reichlich Hähnchen vertilgt; im November kommt die traditionelle Gans hinzu. Wer sich an die allseits empfohlene Mittelmeerkost halten will, muss aber  im Falle von Gicht Meeresfrüchte einschließlich der Sardellen (und ebenso auch auf Hering und Sprotten) sein lassen. Oder im Sommer die Spanferkel? Gilt deren Haut nicht auch als Spezialität? Und überhaupt Alkohol! Also, doch nicht so leicht? Also, wie motivieren?

Die Antwort des Ratgebers von Trias ist sein Titel: „Köstlich essen bei Gicht“. Das Buch rät, indem es positive Beispiele dem möglichen Gefühl entgegensetzt, dass man ein Streichkonzert über sich ergehen lassen müsse. Was die Fotos zeigen und die kurzen Rezepte schildern, ist so lecker, das man es gleich nachmachen möchte und überhaupt nicht den Eindruck bekommt, es werde etwas weggelassen. Was das Buch anregt, wirkt überhaupt nicht wie Diät sondern kann sich auf jedem Speiseplan sehen lassen. Die besondere Weisheit des Rezeptteils liegt darin, dass man sich keineswegs zu exotischen Gerichten hat hinreißen lassen, sondern dass gerade traditionelle Rezepte einschließlich von Hamburgern angeboten werden. Auch beim Nachtisch - beispielsweise Apfelstrudel, Zwetschgendatschi, Zitronenrolle - werden traditionelle Gerichte in einer (unauffällig) gichtfreundlichen Variante angeboten.

Sehr zu loben ist die ausführliche Purintabelle; denn sie geht über die obligaten „Leber, Nieren, Lunge“ hinaus, die hier sowieso keiner mehr isst, die aber jedes medizinische Lehrbuch bevölkern. Sie erlaubt, Feinheiten zu beachten und ist doch ganz übersichtlich geblieben. Betroffene können anhand der Tabelle lernen auszuwählen, wenn sie denn in Kantine oder Gaststätte keine purinfreie Kost als solche vorfinden, aber die gesunde Ernährung beibehalten wollen. Gut gelungen sind auch die fünf Seiten zur Krankheit selbst, insbesondere durch die Formen von Abwägungen in den Kostempfehlungen, die sich daraus ableiten: Milchprodukte nicht mehr völlig verbannt, sondern: Je fettärmer, desto besser. Alkohol nicht völlig verbannt, sondern ein Glas Wein oder Sekt ist tolerabel. Hierzu gibt es wieder einen schönen Überblick, dieses Mal auf einer Doppelseite zu Lebensmittelart und einer Empfehlung dazu. Rühmlich sind die Rubriken zu „Ernährungstricks“ und „Ernährungsmärchen“ und ihre Begründungen. Es bleibt nur zu wünschen, dass Trias noch weitere solcher alltagstauglichen, gut gelungenen Diätkochbücher herausgibt.

A. Martin Steffe

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