Kurznachrichten aus der Medizin
Polio-Erkrankungen nehmen wieder zu Die Zahl der Fälle von Polioerkrankungen ist weltweit wieder im Anstieg begriffen. Im Jahr 2008 lag die Zahl der Fälle zweieinhalb Mal so hoch wie noch 2007. Deswegen muss man vermehrt mit der Einschleppung von Polio nach Deutschland rechnen, und mit der Schutzimpfung darf man keineswegs nachlässig umgehen. Vielmehr sollte man sich bei Reisen in gefährdete Länder eher eine Auffrischimpfung gönnen. Bei solchen Reisen lohnt sich gleichzeitig die Impfung gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten. Dieser Vierfach-Schutz kann mit einer Spritze verabreicht werden und hält dann zehn Jahre. Seit Juli 2007 zählen alle Schutzimpfungen zu Pflichtleistungen der Krankenkassen. Impfstoff gegen Rotaviren wird präqualifiziert Der Impfstoff Rotateq® gegen die verheerenden Brechdurchfallerkrankungen bei Kleinkindern ist von der Weltgesundheitsorganisation WHO präqualifiziert worden. Das bedeutet, dass er von Unterorganisationen der UNO im Rahmen nationaler Impfprogramme eingesetzt werden kann. In vielen Ländern der Dritten Welt wirkt die Rotavirus-Infektion oft tödlich, weil die Kinder insgesamt schlecht versorgt und unterernährt sind. In Europa sind Rotaviren eine der Hauptursachen von Krankenhausbehandlungen von Kleinkindern mit Brech-Durchfallerkrankungen. Besonders gefährlich sind die von Rotaviren verursachten Gastroenteritiden, weil sie einen besonders starken Verlust von Körperflüssigkeit verursachen. In Europa sterben jährlich zwischen 200 und 250 Kindern an der schweren Durchfallerkrankung. Der Schluckimpfstoff ist gegen die fünf häufigsten Erreger wirksam und wird in drei Dosen verabreicht. Die Impfung sollte bis zur 26. Lebenswoche abgeschlossen sein. Körperliches Training ist der beste Rückenschutz In den meisten Fällen verursachen Bewegungsarmut, falsche Körperhaltung, Übergewicht und Verspannungen durch Stress Rückenschmerzen. Medizinische Trainings- und Verhaltenstherapie, intensive Rückenschule und aktive körperliche Belastung sind die besten Waffen im Kampf gegen chronische Rückenschmerzen. Je weniger Muskulatur im Kindesalter gebildet und genutzt wird, desto früher entstehen Rückenschmerzen. Über die Hälfte der Kinder im Schulalter leiden unter Rückenschmerzen. Der Fachverband der Orthopäden fordert daher seit langem eine Stunde täglichen Schulsports. Jährlich 300.000 Knochenbrüche wegen Osteoporose Etwa 7,8 Millionen Menschen leiden unter Knochenschwund, davon 6,5 Millionen Frauen. In den allermeisten Fällen wird diese folgenschwere Erkrankung erst nach dem ersten Bruch festgestellt. Das ist viel zu spät, denn dann lässt sich die Krankheit nicht mehr so gut behandeln. Orthopäden schlagen deshalb vor, dass die gesamte Bevölkerung ab 55 Jahren auf ihre Knochendichte hin überprüft wird. Die Knochendichtemessung wird bislang von den Krankenkassen allerdings erst nach einem Bruch bezahlt. Auf dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin hielten die Fachleute den Kassen aber entgegen, dass die Behandlung eingetretener Brüche und ihrer Folgen wohl kaum preiswerter sein kann. Fortschritte in der Knorpeltherapie Mehr als die Hälfte aller chronischen Erkrankungen bei Menschen über 60 Jahren betreffen Gelenkerkrankungen. In Deutschland leben 15 Millionen Menschen mit behandlungsbedürftigen Arthrosebeschwerden. Derzeit werden jährlich etwa 355.000 künstliche Hüft- und Kniegelenke implantiert. Ab 1994 wurde in ersten klinischen Verfahren mit Knorpel aus eigenem Gewebe des Patienten experimentiert. Dieses Verfahren ist bereits bedeutend weiterentwickelt und dabei leichter gemacht worden. Mit ihm können Arthrosen verhindert und sogar tiefreichende Knorpelschäden erfolgreich behandelt werden. Besonders jüngeren Patienten kommt die Knorpeltransplantation zugute. Bei mäßiggradigen Arthrosen des Knies wurde dort bisher schon die „Schlüssellochtechnik“ der Arthroskopie angewandt. Mit dieser Technik konnten Kreuzbänder rekonstruiert oder angegriffener Knorpel geglättet werden. Seit kurzem wird die gleiche Technik auch auf Hüftgelenke angewandt. Das Gelenk wird hierbei gezielt modelliert, man kann das eigene Gelenk erhalten und die Implantation eines Hüftgelenks vermeiden. Zugleich ist die Technik der Hüftendoprothesen verfeinert worden. Es ist nur noch ein bis zu 8 cm langer Schnitt und nur ein Beiseiteschieben der Muskulatur erforderlich. Die Patienten haben nach der Operation weniger Schmerzen und sind früher wieder bewegungsfähig. Mithilfe von Computern kann das einzusetzende künstliche Gelenk millimetergenau gemäß der Vorplanung eingesetzt werden. Stoffwechselstörung im Arthrosegelenk erstmals nachgewiesen Vermutet hatten die Ärzte schon seit langem, dass es zu Arthrosen kommt, weil die Gelenkschleimhaut ein Ungewicht zwischen Auf- und Abbaufaktoren durchmacht. Entzündliche und gefäßbedingte Störungen galten als zentrale Faktoren. Bisher konnten diese mikroskopischen Veränderungen jedoch nicht am lebenden Menschen untersucht werden. Jetzt konnte im Rahmen einer Studie an der Berliner Charité erstmals genauer aufgezeigt werden, wie das Missverhältnis zwischen knorpelaufbauenden und –abbauenden Faktoren aussieht. Patienten, die eine Kniegelenksprothese bekommen sollten, wurde während der Operation an sechs verschiedenen Stellen des Knies Gewebe entnommen. Es zeigten sich der chronische Entzündungszustand der Gelenkschleimhaut mit einer erhöhten Zahl von entzündungsstimulierenden Gewebshormonen in der Gelenkflüssigkeit. Je höher der Schmerz der Patienten war, desto schlechter war die Fließgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen. Damit einher ging ebenfalls der Spiegel des knorpelabbauenden Hormons MMP-1. Wenn künftige Behandlungskonzepte dieses Bild der Gefäßveränderungen, Enzyme und Hormone berücksichtigen, könnte dem Fortschreiten der Arthrose kausal entgegengewirkt werden. Herzinfarkt und Schlaganfall werden vorhersagbar Hohe Blutwerte des Eiweißmoleküls Fetuin-A sind mit einem drei- bis vierfach erhöhten Risiko eines Herz- oder Hirninfarktes verbunden. Das wiesen Forscher des Deutschen Instituts für Ernährung in Potsdam und der Universität Tübingen nach. Mithilfe des Biomarkers könnte in Zukunft das Risiko einer derartigen schweren bevorstehenden Krankheit möglich sein. Wenn der Biomarker erhöht ist, weist das auf eine verringerte Insulinempfindlichkeit der Körperzellen hin. Zugleich wird mehr Fett in die Leber eingelagert. Mittlerweile zeigte sich bereits, dass Fetuin-A ein unabhängiges Risikozeichen für den Diabetes Typ 2 ist, nämlich unabhängig von den bekannten Risikofaktoren wie Bluthochdruck. Der Zusammenhang zwischen dem Risikofaktor und den Erkrankungen ist außergewöhnlich stark. Bauchfettmenge beeinflusst das Prostatakrebs-Risiko Im Vergleich zu Männern mit einem Taille-Hüftumfang-Verhältnis von unter 0,89 haben Männer mit einem solchen Quotienten von über 0,99 ein um 43 Prozent erhöhtes Risiko eines fortgeschrittenen Prostatakrebses. Das ging aus einer der weltweit größten Langzeitstudien hervor. Mehr als 153.457 Männer zwischen 25 und 70 Jahren wurden hierzu untersucht. Wenngleich der Zusammenhang nicht geklärt ist, spielt er doch eine wesentliche Rolle. Denkbar ist, dass das Bauchfett den Hormonhaushalt ungünstig beeinflusst. Der Taillenumfang und der Quotient Taille-Hüfte lassen auf die Menge Fett schließen, die im Bauchraum eingelagert ist. Das Bauchfett produziert auch Botenstoffe, die die Entwicklung chronischer Erkrankungen fördern. Wichtigstes Ergebnis der Studie war die Bestätigung, dass schon Übergewicht alleine das Sterblichkeitsrisiko beeinflusst, aber auch unabhängig davon die Körperfettverteilung als solche. Schlanke mit viel Körperfett im Bauchraum hatten ein ebenso hohes Risiko wie Übergewichtige. An der 1992 begonnenen Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Krebs und anderen Krankheiten untersucht, sind 23 Zentren in zehn europäischen Ländern beteiligt. Bislang nahmen 519 Personen an der Studie teil. Frauen nehmen Impfung gegen Krebs nicht genug an In Deutschland erkranken jährlich etwa 6.200 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) und fast 1.700 sterben daran. Vor allem die hohe Zahl der Todesfälle ließe sich deutlich senken, würde der Krebs rechtzeitig entdeckt. Denn Gebärmutterhalskrebs zählt zu den wenigen Tumorarten, die man schon vor einem gefährlichen Entwicklungsstadium feststellen, behandeln und heilen kann. Hierzu dient die regelmäßige Untersuchung der Gebärmutter mit einem Abstrich. Etwaige Krebsvorstufen könnten dann mit einem wenig belastenden eingriff dauerhaft entfernt werden. Seit dem Jahre 2006 ist die Impfung gegen die humanen Papillomviren möglich, die den Gebärmutterhalskrebs verursachen. Die Früherkennung wird durch die Impfung jedoch nicht erübrigt. Für guten Speichelfluss sorgen Bei etwa 30 Prozent der Menschen über 65 Jahren fließt zu wenig Speichel. Neben den alten Menschen, die oft zu wenig trinken, sind auch Rauchen, rheumatische Erkrankungen, Stress, Medikamente gegen Bluthochdruck, Schmerzmittel, Antibiotika oder Psychopharmaka dafür verantwortlich, dass der Speichelfluss herabgesetzt wird. Dadurch leidet nicht nur die Verdauung sondern auch der gesamte Zahnapparat. Es entstehen mehr Zahnbelag, Karies und Zahnfleischentzündungen. Denn der Speichel kann schädliche Säuren unschädlich machen. Darüber hinaus können Infektionen im Mundraum entstehen. Außerdem wird Speichel zunehmend als Mittel der Diagnose benutzt, etwa um Stoffwechselerkrankungen, Hormon- oder Medikamentenspiegel zu ermitteln. Wichtig ist, reichlich zu trinken. Ausreichendes Kauen fördert die Speichelbildung. Zuckerfreie Kaugummis oder Bonbons helfen ebenfalls, den Speichelfluss anzuregen. Der so stimulierte Speichel ist besonders mineralreich und zum Neutralisieren der Säuren geeignet. Tumorschmerzen kräftiger gesenkt Die starken Schmerzen, die Tumorpatienten erleiden, vermindern die mögliche Lebensqualität der Kranken in besonderem Maße. Eine wirksame Schmerztherapie sollte deshalb Tag und Nacht den Schmerz bekämpfen können. Das neue Hydromorphon Oros® zeigt im Vergleich zu Morphin, dass es Tumorschmerzen deutlicher als dieses senkt. Rund 70 Prozent der Ärzte und der Patienten bewerteten das Präparat als „gut“ bis „exzellent“. Hinsichtlich der Verträglichkeit erwiesen sich beide Medikamente gleichwertig. Das Hydromorphon brauchte nur zweimal täglich eingenommen zu werden und schirmte dennoch auch in der Nacht gut gegen Schmerzen ab. Wirksamkeit von Biogasanlagen verbessert Die Freude über die Möglichkeit, Biostoffe in Energie umzuwandeln, wurde nach kurzer Zeit von der Einsicht gedämpft, dass zu viele Lebensmittel zugunsten der Energiegewinnung verloren gehen könnten. Nun ist die Technologie so verbessert worden, dass aus Reststoffen statt Rohstoffen Energie gewonnen werden kann. Dazu sind Stroh, Gülle, Grasschnitt, Reste aus Brennereien, Restholz und anderes geeignet. Gewonnen wird Methangas, aus dem auch Erdgas besteht. Die Anlage, die vom Dresdner Fraunhofer-Institut und kleinen und mittelständischen Unternehmern entwickelt wurde, kann sogar ein Drittel mehr Biogas erzeugen als herkömmliche Anlagen. Das gewonnene gas wird in einer Brennstoffzelle verstromt. Zugleich wurde die Verweilzeit der sauer eingelagerten Reststoffe verkürzt. Üblicherweise gärt die Biomasse 80 Tage im Fermenter. Der neuen Anlage reichen 30 Tage. Der Trick ist, dass die Zellulose, die nicht direkt vergoren werden kann, hier mithilfe von Enzymen aufgespalten wird. Ferner wurde auch die Verstromung optimiert. Das Gas wird in eine Hochtemperaturbrennstoffzelle (850°) geleitet, die einen Wirkungsgrad von 40 bis 55 Prozent hat, und deren Wärme man weiter nutzen kann. Insgesamt erreicht die neue Anlage daher einen Wirkungsgrad von bis zu 85 Prozent. Die Pilotanlage leistete 1,5 Kilowatt elektrische Leistung, was für den Bedarf eines Einfamilienhauses ausreicht. A. Martin Steffe, Reutlingen |